Als ich in Neukölln meine erste eigene Wohnung gesucht habe, bin ich mit günstigen Angeboten überschüttet worden. Für weniger als 5€ den Quadratmeter bin ich mit meinem WG-Partner fündig geworden. Studierende waren gern gesehene Mieter:innen, damit eine etwas stärkere soziale und kulturelle Mischung erreicht werden kann. Gerade nachdem der Norden jahrelang verschrien war und selbst Unternehmen gerne darauf verzichteten ihren Herkunftsbezirk zu nennen, bin ich stolz darauf, dass wir es seit Anfang der 2000er-Jahre geschafft haben, dass Neukölln eine positiv besetzte Marke ist. Neukölln ist zum Sehnsuchtsort geworden. Mit unserem Tourismuskonzept haben wir die Grundlage gelegt, um Qualitätstourismus zu lenken, statt unkontrolliert Partytourismus anzuziehen.
Mittlerweile haben wir einen starken Mittelstand in vier Industriegebieten, die in den künftigen Jahren durch die immer enger werdende Stadt mit Leitbildern städtebaulich und planungsrechtlich gesichert werden müssen. Denn die Neuköllner Vielfalt kann nur ihre Stärken ausspielen, wenn sie nicht durch Verdrängung gefährdet wird. Dabei ist mir wichtig, dass Neukölln von der Nähe zum neuen Hauptstadtflughafen profitiert. Im Flughafenumfeld werden bis zu 135 000 neue Arbeitsplätze bis 2040 erwartet. Ich möchte, dass ein ordentliches Stück von diesem Kuchen auch in Neukölln umgesetzt wird.
Gleichzeitig sehen wir, wie die Wohnraumknappheit dazu führt, dass Preise steigen und nur gut betuchte Menschen die Preise auf dem Markt bezahlen können. Mit der intensiven Nutzung des Vorkaufsrechts und von Abwendungsvereinbarungen konnten wir fast 3000 Wohnungen in den von uns festgelegten Milieuschutzgebieten im Bezirk sichern. Um den hohen Bedarf an Wohnungen zu stillen und den Wohnungsmarkt zu entlasten, müssen wir auch in den kommenden Jahren intensiv den Neubau von bezahlbaren Wohnungen fördern. Das sind die Instrumente mit denen wir vor Ort bezahlbare Mieten wiederherstellen können.
Gleichzeitig müssen wir den Mobilitätswandel gestalten. In Nord-Neukölln, wo die Einwohnerdichte extrem hoch und das öffentliche Verkehrsnetz dicht ist, werden immer weniger Menschen auf ein Auto angewiesen sein. Gleichzeitig sehen wir, dass der Parkdruck im S-Bahn-Ring durch den starken Zuzug extrem gestiegen ist. Die Ausnutzung von Parkplätzen ist teilweise auf bis zu 123% gestiegen. Um die Situation für die Anwohnenden von besonders betroffenen Kiezen zu entschärfen, werden wir innerhalb des S-Bahn-Rings eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung einführen.
Die hohe Bevölkerungsdichte macht es notwendig, dass der der Ausbau von Radinfrastruktur und die Verkehrsberuhigung von Wohnquartieren vorangetrieben werden müssen, um einerseits die Lebensqualität zu steigern und andererseits die Nachhaltigkeit zu stärken, indem Alternativen zum Auto eröffnet werden.
Aus dem Süden sind die Wege in die Stadt allerdings weiter. Deshalb hat der Ausbau des ÖPNVs durch Taktverdichtungen von bestehenden Linien, Unterstützung von Car-Sharing-Diensten auch außerhalb des S-Bahn-Rings aber vor allem die Verlängerung der U7 zum Flughafen BER und in die Wohnquartiere ins Umland höchste Priorität. Nur so können wir weitere Blechlawinen in die Innenstadt verhindern. Es ist klar, dass die Stadt von morgen intelligente Verkehrslösungen braucht, wo das persönliche Auto keine Hauptrolle mehr spielen wird. Einen Umbau, der sich an Ideologie orientiert, lehne ich ab. Für einen nachhaltigen Verkehr muss man die Menschen auch nachhaltig begeistern und mitnehmen.
